„An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten…“ – so beginnt der berühmte Psalm 137, den sich der Abend An den Wassern… Chor / Tanz / Performance zum Ausgangspunkt nimmt, um über einen im wahrsten Sinne fließenden Heimatbegriff nachzudenken. Gleich einer Metapher klingt er uns um Ohr und lässt uns an Verlust, Sehnsucht, Gemeinschaft und Rache denken. In diesem Programm, in dem musikalische und künstlerische Welten aufeinandertreffen, schließt sich die Junge Kantorei mit Tänzer*innen vom Dany Dance Center – Home of HipHop (Neuhofen) und aus Heidelberg sowie mit zwei Theatermacherinnen aus Frankfurt/Main zusammen, um Stile, Sprachen und Formen miteinander in Einklang und Reibung zu bringen: Wir treffen auf Komponisten der Renaissance wie Gombert und Palestrina sowie auf Schütz und seine Psalm-Vertonungen. Im Kontrast steht der zeitgenössische HipHop, der eine Sprache und einen Beat sucht für die Wut nach dem Heimatverlust, für einen Gott, der mit dem Vertrauen der Menschen spielt und für das Meer, das die Geschichten der Vergangenheit erzählt. Tänzer*innen performen live, mal im Duett, mal allein, mal als Kollektiv. Und mittendrin: zwei Regenschirme, die gehört werden wollen, wenn sie erzählen, was sie am Ufer des Wassers beobachtet haben.
Im Wechselspiel zwischen Chorgesang, HipHop und Performance entsteht in An den Wassern... eine dicht verästelte Landkarte aus Inseln, Ufern, Grenzen, Ankern und Brücken, die musikalisch, tänzerisch und performativ gesetzt oder überwunden werden und das Publikum einladen, sich nah am Wasser zu bauen.
Künstlerische Leitung: Jonathan Hofmann
Regie/Performance: Hannah Schassner
Performance: Mara Haußler
Tanz: Dany Dance Center
Fotos: Lukas Henheiser
"Selbst wenn der Hip-Hop hierzu einen großen Kontrast zu bieten scheint, passt er doch dazu. Die Spannung zwischen dem ruhigen Chor und den separierten, emotionsgeladenen Bewegungen des Tanzes, der historisch oft für Ungerechtigkeit und Protest steht, lässt viele neue Facetten aufkommen. Die Tänzer verbinden die klassischen Hip-Hop-Bewegungen mit fließenden Contemporary-Elementen und heben so die Verbindung zum Wasser hervor. Insgesamt ergibt sich so eine schnelle, konzeptuell spektakuläre Performance, die allerdings einen regen Verstand verlangt, um sie in ihrer ganzen Komplexität zu erfassen. Am Ende der Wiederholung von „An den Wassern zu Babel“ spannt das Wasser einen Regenschirm über die Ausführenden. Es ist die Hoffnung von allen, tatsächlich Schutz unterm Schirm zu finden." (Leonie Krause, Rhein Necker Zeitung, 19.11.2024)